Hilfe für tausende Flüchtlinge auf dem Weg in die Freiheit
Die Flucht Tausender DDR-Bürger:innen über die ungarische Grenze ins Burgenland markierte einen Wendepunkt in der Europäischen Geschichte und symbolisiert den Mut sowie die Sehnsucht nach Freiheit, die die Menschen damals bewegten.
Erste Risse im Eisernen Vorhang an der ungarischen Grenze zu Österreich ermöglichte vielen DDR-Bürger:innen, die Freiheit zu erlangen, von der sie lange geträumt hatten. Diese historische Fluchtroute führte viele Flüchtlinge nach Mörbisch am See, wo die Bürger:innen der Gemeinde Zeug:innen dieser bewegenden menschlichen Dramen wurde. Mörbisch am See spielte in diesen Tagen eine zentrale Rolle als erster Zufluchtsort und Ort des Neuanfangs für viele Flüchtlinge.
Die Mörbischer Dorfgemeinschaft zeigte in diesen herausfordernden Zeiten großes Engagement, Mut und Mitgefühl. Viele Einwohner:innen öffneten ihre Herzen und Türen, um den ankommenden Flüchtlingen Unterstützung und Trost zu bieten. In Mörbisch am See wurden die Menschen mit Nahrung, Kleidung und Hygieneartikeln versorgt und es wurden Vorkehrungen für die Weiterreise nach Deutschland getroffen. Es war eine Zeit, in der Solidarität und Menschlichkeit über politische Grenzen hinweg triumphierten.
Das Dorf an der Grenze schreibt Weltgeschichte
Die Festspielgemeinde Mörbisch am See wurde erst mit dem Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye bzw. dem von Trianon aus dem Jahre 1919 bzw. 1921 zum Grenzort mit dem ungarischen Fertörákos. Gegenseitige Besuche der Menschen beider Dörfer waren bis 1921 über Jahrhunderte ohne Einschränkung möglich. Gleiches galt für den Handel mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Gebrauchs. Doch mit einem Mal war alles anders. Es gab zwar vorerst keinen Stacheldraht und keine Minenfelder, doch die Grenze wurde – wenn auch lückenhaft – durch die Zollwache kontrolliert. Besuche waren weiterhin möglich - jedoch etwas eingeschränkt; der Handel wurde in die Illegalität abgedrängt.
Dies änderte sich nach dem Ende des 2. Weltkrieges abrupt. In Ungarn regierte Mátyás Rákosi mit eiserner Faust. Er ließ zum Burgenland einen ca. 396 km langen, schier unüberwindbaren Grenzzaun errichten, der bei Mörbisch am See am 2. November 1949 geschlossen wurde. Es kam immer wieder zu Grenzzwischenfällen, bei denen Verletzte und Tote zu beklagen waren. In Mörbisch am See gab es sowohl eine blaue Grenze (See) als auch eine grüne Grenze (Land, Wald), die von der Volksrepublik Ungarn mit Patrouillenbooten, sowie von bewaffneten Soldaten, die sich auf Wachtürmen befanden, rigoros überwacht wurden.
Der EISERNE VORHANG wird abgebaut – die Welt blickt nach Mörbisch am See
Nach dem Tod Stalins (1953) versuchte sich Ungarn zusehends aus der Unterdrückung durch die Sowjetunion zu befreien. Russische Soldaten wälzten dieses Streben nach Freiheit (1956) mit ihren Panzern jedoch brutal nieder. Eine Massenflucht setzte ein und Mörbisch am See war erste Anlaufstelle Tausender Flüchtlinge. Obwohl die Menschen oft nur das Nötigste zum Leben hatten, solidarisierten sie sich mit den Hilfesuchenden und stellten Quartiere sowie Lebensmittel zur Verfügung. Die Welt blickte zum ersten Mal nach der Errichtung des Eisernen Vorhangs ins Burgenland und zollte der Bevölkerung höchstes Lob. Doch im Frühjahr 1957 wurde dieser schreckliche Grenzzaun wieder geschlossen und das Burgenland war neuerlich von seinem östlichen Nachbarn für mehr als 30 Jahre getrennt. Nur wenige Flüchtlinge konnten die nun wieder verminte und durch bewaffnete Soldaten gesicherte Grenze überwinden.
Doch das änderte sich im Sommer 1989 schlagartig. Mit den ersten Löchern im Eisernen Vorhang kamen neuerlich Tausende Flüchtlinge nach Mörbisch am See. Die Bevölkerung solidarisierte sich abermals mit den Hilfesuchenden, die sich als sehr dankbar erwiesen und noch heute ein freundschaftliches Verhältnis zu ihren „Retter:innen“ pflegen. Wollte man hier alle Helfer aufzählen, so würde es den Rahmen sprengen. Ihnen gebührt auch nach all den Jahren Dank und höchste Anerkennung.